Es genügt nicht, ein Instandhaltungs-Management-System aufzustellen, ohne dies ablauforganisatorisch und ressourcentechnisch in den praktischen Betrieb von instandhaltungsverantwortlichen Stellen ECM zu integrieren. Die Übertragung der Managementverfahren des Instandhaltungs-Management-Systems in die praktischen Leistungsprozesse der Instandhaltung verhindert die Entstehung von Parallelwelten: einerseits das theoretische Management-Handbuch und andererseits die gelebte Realität.


Das Instandhaltungs-Management-System (MMS)

Die europäischen Richtlinien und Verordnungen zur Eisenbahnsicherheit, ausgehend von der Sicherheitsrichtlinie 2004/49 in Verbindung mit der Novellierung in der Richtlinie 2008/110 über die ECM-VO (EU) 445/2011 und die Monitoring-VO (EU) 1078/2012 bis zur VO (EU) 402, sowie die Umsetzungen in das nationale Eisenbahnrecht wie z.B. das Allgemeine Eisenbahngesetz (AEG) haben die Prozesse der Instandhaltung von Schienenfahrzeugen nachhaltig verändert. Dies betrifft nicht nur die Managementprozesse der Instandhaltung, die für die Güterwageninstandhaltung nach den Anforderungen der VO 445/2011 und für die übrigen Fahrzeugarten nach „eigenen Regeln, die die Anforderungen der öffentlichen Sicherheit erfüllen“ auszurichten sind. Für letztere läßt sich ableiten, daß ebenfalls ein prozessorientiertes Managementsystem gefordert ist, daß den gleichen Anforderungen wie den für die Güterwagen geltenden entsprechen sollte. Dies ist auch in der diesbezüglichen Fachmitteilung Nr. 14/2014 des Eisenbahn-Bundesamtes hergeleitet. Allein das Instandhaltungs-Management-System (MMS) darauf auszurichten ist aber nicht ausreichend. Es bedarf der Übertragung in die Praxis.


Die praktische Umsetzung des MMS

Die praktische Arbeit an den Schienenfahrzeugen erfolgt in Leistungs- und Stützprozessen und diese untersetzende Verfahrens- und Arbeitsanweisungen, in die die Anforderungen des Managementsystems umgesetzt werden müssen.

Dies betrifft z.B. sicherheitsrelevante Themen wie die Bereitstellung der richtigen Informationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort, die Auswahl der richtigen Arbeitsverfahren, die Art der Auftragserteilung, die Einhaltung von vorgeschriebenen Vier-Augen-Prüfungen und die ausreichende und gerichtsfeste Dokumentation der Instandhaltungsaktivitäten. 

Von der Qualität der Transformation der Anforderungen des Instandhaltungs-Management-Systems in die praktischen Leistungs- und Stützprozesse der Instandhaltung hängt es ab, ob die Schutzziele der europäischen und nationalen Regeln zur Eisenbahnsicherheit in der Instandhaltung im realen Leben der Instandhaltungswerkstätten erreicht werden. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Wirksamkeit des MMS. Hier kommt den Führungskräften und den mit der ECM-Umsetzung betrauten Mitarbeitern eine große Verantwortung zu, die nur wahrgenommen werden kann, wenn diese Zusammenhänge erkannt und aktiv gestaltet worden sind. Mit der Verankerung der Kontrollverfahren nach der VO Monitoring (EU) 1078/2012 in den Leistungs- und Stützprozessen wird auch auf der praktischen Ebene der Verbesserungsregelkreis geschlossen und auch die PDCA-Logik in die tägliche Praxis eingeführt. Erst wenn dies so angelegt ist und funktioniert, können die Vorgaben der Gesetzgeber, national wie europäisch, als erfüllt betrachtet werden.


Die Auswirkungen auf die praktische Gestaltung der Instandhaltungswerkstätten

Die meisten der dargestellten, praktischen Auswirkungen des MMS auf die Leistungs- und Stützprozesse der Instandhaltung erfordern auch darauf abgestimmte, technische Ressourcen. Als Beispiele seien genannt Ausrüstungen zur Informationsbereitstellung, PC-Plätze in der Werkstatt, IT-Systeme, die auch in der Spät- und Nachtschicht für die Handwerker zugänglich sind, moderne Kommunikationsmittel für mobile Instandhaltung außerhalb der Werkstatt etc. 

Soweit Werkstätten für fremde ECM arbeiten und an bestimmten Prozessablaufpunkten die Zustimmung der ECM erforderlich ist, insbesondere bei nicht planmäßigen Arbeiten wie z.B. Unfallinstandsetzungen, sollte die Werkstatt auch über Arbeitsstände verfügen, auf denen die ECM das Fahrzeug inspizieren kann, ohne die übrigen Fertigungsprozesse zu stören.

In der Kraftfahrzeugbranche sind spezielle Räume, in denen dem Kunden das Fahrzeug vorgeführt und Reparaturen erläutert werden können, längst Standard. Wenn sich die Branche der Schienenfahrzeuginstandhaltung ebenfalls mehr und mehr am Dienstleistungsgedanken orientiert, sollten zumindest bei Neu- oder Umbauten von Werkstätten auch solche Gedanken eine Rolle spielen. Vorausgehen sollte dem eine Analyse der Leistungs-und Stützprozesse, inwieweit die vorhandene Werkstattinfrastruktur und -ausrüstung die praktische Umsetzung der Prozessanforderungen unterstützt oder erschwert. Nur wenn Ablaufprozesse und materielle Ressourcen optimal aufeinander abgestimmt sind, kann das MMS seine volle Wirksamkeit entfalten. Darüber hinaus wird dies immer mehr zur Voraussetzung für effizientes und kundenorientiertes Agieren einer Instandhaltungswerkstatt.